Der Großteil der vom Menschen entwickelten Technologien, basiert auf dem Wunsch, unsere natürlichen Fähigkeiten zu erweitern oder zu verbessern. Beispielsweise wurden Computer entwickelt, um mathematische Berechnungen mit einer Geschwindigkeit zu automatisieren, die selbst die klügsten Köpfe bei weitem übersteigt. 

Aus diesem Bedürfnis heraus hat sich auch der Bereich der Robotik entwickelt. Ursprünglich wurden erste Industrieroboter in den frühen 1960er Jahren geschaffen, um Prozesse in der Fertigungsindustrie zu automatisieren. Heute werden sie eingesetzt, um menschliches Personal zu unterstützen und zu schützen. Industrielle Tätigkeiten, die besonders kraftaufwendig, präzise oder gefährlich für den Menschen sind – wie das Heben und Stapeln von Lasten, das Schneiden und Schweißen oder das Versprühen von Chemikalien – werden heute zunehmend von Robotern übernommen.

In den vergangenen Jahrzehnten, seit Robotik ein Teil der Menschheitsgeschichte geworden ist, gibt es spezialisierte Einsatzzwecke in verschiedenen Bereichen. Roboter spielen heute eine wichtige Rolle in der Landwirtschaft, im Transportwesen, beim Militär, bei der Strafverfolgung, sowie bei Konsum- und Haushaltsgütern. Der wahrscheinlich größte Einfluss von Robotern basiert jedoch auf der Fähigkeit, bei der Behandlung von Menschen im medizinischen Bereich zu unterstützen.

Welche medizinischen Roboter gibt es?

Die Robotik im Gesundheitswesen reicht heute weit über ihre Anfänge im Operationssaal vor über 30 Jahren hinaus. Heute finden Roboter in einer Reihe von medizinischen Bereichen Anwendung:


Robotergestützte Chirurgie

Bereits seit den 1980er-Jahren sind Roboter im medizinischen Bereich im Einsatz, anfangs zur Unterstützung von Chirurg:innen im Operationssaal. Dass Roboter unter der aufmerksamen Aufsicht erfahrener Chirurg:innen Operationen durchführen, ist heute in vielen OPs Realität geworden.

Operationen mit Hilfe von Robotik durchzuführen, bietet deutliche Vorteile: Roboter bieten Chirurg:innen und Operationsteams zuverlässige und konsistente intraoperative Unterstützung. Bei Wirbelsäulenoperationen können Roboter beispielsweise Instrumente und Implantat-Komponenten während der Platzierung von Schrauben für Dekompressionsoperationen ruhig und zielgenau halten.

Über Routineeingriffe hinaus kann die Robotik auch bei komplexen Eingriffen unterstützen, beispielsweise bei Single Position Fusion, die für Chirurg:innen oft eine unergonomische Haltung erfordern. In Kombination mit chirurgischer Navigation kann Robotik bei Skoliose-Operationen helfen, die komplexe Anatomie präzise auszurichten.

Die stabile Positionierung der Instrumente ermöglicht nicht nur eine höhere Präzision, sondern entlastet auch die Hände der Chirurg:innen und des Operationsteams während des Eingriffs. Aufgrund ihrer Zuverlässigkeit und unbegrenzter Belastbarkeit können Roboter die Gesamtdauer von Operationen verkürzen. Bei Wirbelsäulenoperationen ohne Roboterunterstützung müssen Chirurg:innen die Instrumente ausrichten und bohren, während die Ausrichtung konstant überprüft und beibehalten werden muss.

Beim Einsatz eines OP-Roboters wird das Ausrichten und Bohren in zwei aufeinanderfolgende Schritte unterteilt. Dies reduziert die mentale Belastung für die Chirurg:innen und kann möglicherweise den Bohrvorgang verkürzen. Effizientere OP-Abläufe kommen dem Krankenhaus, dem chirurgischen Fachpersonal und vor allem den Patient:innen zugute, da sich die Narkosezeit reduziert.

Robotik in der Strahlentherapie

Seit den 1990er-Jahren kommt Robotik auch in der Strahlentherapie zum Einsatz. Das erste System kombinierte einen Linearbeschleuniger mit einem Roboterarm, der Tumore an verschiedenen Stellen durch flexible Beweglichkeit präzise behandeln konnte.

Seitdem wurde die Robotik sukzessive weiter in die Strahlentherapie und Radiochirurgie integriert. Robotergesteuerte Behandlungsliegen beispielsweise positionieren Patient:innen bereits vor Behandlungsbeginn präzise. Ärzt:innen können so die Lage der Patient:innen aus der Ferne anpassen, ohne den Behandlungsraum zu betreten.

Rehabilitationsroboter

Obwohl der Bereich der Rehabilitationsrobotik relativ neu ist, stammt die Idee, Maschinen zur Rehabilitation von Patient:innen einzusetzen aus dem Jahr 1910. Damals entwickelte Theodor Büdingen eine Maschine zur Unterstützung der Schrittbewegungen bei Patient:innen mit Herzerkrankungen und ließ sie patentieren. Die ersten speziell für die Reha entwickelten Robotersysteme basierten auf dem Prinzip der kontinuierlichen passiven Bewegung (CPM). Dabei wird ein Körperteil der Patient:innen im Ruhezustand sanft und gleichmäßig bewegt.

Ein Beispiel hierfür ist die Gangrehabilitation. Im Vergleich zu traditionellen physiotherapeutischen Methoden bieten robotergestützte Systeme ein kontrolliertes, repetitives und intensives Training. Dies reduziert die Arbeitsbelastung der Therapeut:innen und ermöglicht eine quantitative Bewertung des Fortschritts der Patient:innen. Aufgrund dieser Vorteile werden Roboter in der Rehabilitation immer häufiger eingesetzt.

Kapselendoskopie

Diese kleinen Roboter in der Größe einer Tablette – drahtlose Kapselendoskopie – werden geschluckt und ermöglichen eine nicht-invasive Untersuchung des Verdauungstrakts. Ein Vorteil: es bedarf keiner Sedierung was damit verbundene Risiken verringert, die bei herkömmlichen endoskopischen Verfahren auftreten können.

Laborroboter

Seit mehreren Jahrzehnten sind Roboter aus Laboren nicht mehr wegzudenken. Die in Laboren eingesetzten Robotertypen sind speziell darauf ausgelegt, Prozesse zu automatisieren oder technische Fachkräfte bei repetitiven Aufgaben zu unterstützen. Ähnlich wie in der Industrierobotik übernehmen Laborroboter häufig Aufgaben, bei denen für Menschen gefährliche oder schädliche Chemikalien und Substanzen zum Einsatz kommen. Die Automatisierung durch Laborroboter steigert Geschwindigkeit, Kapazität und Genauigkeit, da menschliche Fehler reduziert werden.

Roboterprothesen und Exoskelette

Diese noch relativ neue Anwendung von Robotern im medizinischen Bereich zielt darauf ab, Patient:innen eine möglichst natürliche Gliedmaßenfunktionalität zu ermöglichen – etwa durch Exoskelett-Roboter, die gelähmten Personen helfen, wieder aufrecht zu gehen. Prothesen mit Roboterfunktionen sind zwar bereits auf dem Markt, allerdings für Patient:innen nach wie vor kostspielig, da sich diese Technologie kontinuierlich weiterentwickelt. Ein Beispiel für Fortschritte in diesem Bereich sind neuromuskuloskelettale Prothesen. Sie werden am Knochen befestigt und über bidirektionale Schnittstellen gesteuert, die über implantierte Elektroden mit den Nerven und Muskeln der Patient:innen verbunden sind. So entsteht eine direkte Verbindung zum neuromuskulären System, die eine präzise Steuerung ermöglicht.

Krankenhausroboter

Programmiert für die konkrete Umgebung und mit integrierten Sensoren ausgestattet, liefern Krankenhausroboter heutzutage bereits Medikamente, Mahlzeiten und Proben in Krankenhäusern aus. Infolge der Pandemie ist die kontaktlose Desinfektion für die Gesundheit und Sicherheit von Patient:innen und Krankenhauspersonal immer wichtiger geworden. Krankenhausroboter übernehmen zunehmend die Verantwortung für die Desinfektion von Räumen und Bereichen, sodass das Krankenhauspersonal nicht mehr mit potenziellen Krankheitserregern in Kontakt kommt.

Telepräsenz

Eine Charakteristik der Telepräsenz-Roboter ist die Möglichkeit, Personen durch den Einsatz von Robotern eine Telepräsenz zu ermöglichen. Roboter können für Visiten, Unterstützung bei OPs oder die Beurteilung von histologischen Präparaten aus der Ferne eingesetzt werden.

Soziale Roboter

Im Krankenhausumfeld bieten soziale Roboter Patient:innen, insbesondere älteren Menschen und Kindern, kognitive Unterstützung durch ihre Fähigkeit zur sozialen Interaktion. Sie machen Mut und zeigen, wie bestimmte motorische Aktivitäten ausgeführt werden können. Diese menschenähnlichen Roboter sind dazu in der Lage, ihre Aufgaben mit beträchtlicher Autonomie auszuführen und dabei auf natürliche Weise mit Patient:innen und Klinikpersonal zu interagieren. Angesichts des weltweiten Pflegekräftemangels in Krankenhäusern könnten solche sozialen Roboter die soziale Interaktion bieten, die Patient:innen möglicherweise fehlt.

Die Zukunft der medizinischen Robotik

Gesamtheitlich gesehen, steigt der Autonomiegrad von Robotern im Gesundheitswesen je weniger Interaktion mit Patient:innen stattfindet. Ein Operationsroboter beispielsweise, der sich sehr nahe an Patient:innen befindet, verfügt über kaum Autonomie und wird von den Chirurg:innen exakt gesteuert. Sanitärroboter hingegen, die nicht direkt mit Patient:innen interagieren, haben mehr Freiheit sich autonom zu bewegen.

Roboter bieten heute vielfältige Einsatzmöglichkeiten im Gesundheitswesen – mit dem Ziel, die Grenzen dessen, was Menschen leisten können, auszuloten und zu erweitern. Die Anwendungsmöglichkeiten dieser Roboter entwickeln sich sowohl in der Chirurgie als auch in anderen Bereichen der Medizin rasant weiter. Roboter in Operationssälen und Kliniken sind bereits Normalität und nur eine von vielen Möglichkeiten des Gesundheitswesens die Grenzen der Technologie immer weiter zu verschieben.