Tauchen Sie ein in die Geschichte und Wissenschaft der oberflächengeführten Strahlentherapie (SGRT). Erfahren Sie im Detail, wie diese Technologie funktioniert und die Präzision bildgeführter Systeme (IGRT) gezielt ergänzt.
Besuchen Sie die Webseiten zu ExacTrac Dynamic Surface und ExacTrac Dynamic, um mehr über Brainlab-Lösungen zu erfahren, die diese Technologien nutzen.
Die Einführung der bildgeführten Strahlentherapie Anfang der 2000er-Jahre bedeutete immense Fortschritte in der Präzision der Strahlentherapie. Die röntgenbasierte Bildgebung mithilfe von Linearbeschleunigern (Linacs) reduzierte die Unsicherheiten bei der Patientenlagerung erheblich und ermöglichte es den behandelnden Ärzt:innen, intrafraktionelle Bewegungen zu erfassen. Trotz dieser Fortschritte blieben die Möglichkeiten zur intrafraktionellen Bildgebung begrenzt. Dies führte zur Entwicklung einer ergänzenden Technik zur Patientenüberwachung während der Bestrahlung: der oberflächengeführten Strahlentherapie.
Bildgeführte Strahlentherapie
Bildgebung – wie z. B. Röntgen – während der Strahlentherapie wird eingesetzt, um regelmäßig zu überprüfen, ob die Anatomie der Patient:innen mit den Planungsbildern übereinstimmt. So wird sichergestellt, dass tatsächlich das gewünschte Zielgebiet bestrahlt wird – und nicht das umliegende gesunde Gewebe.
Was ist oberflächengeführte Strahlentherapie?
Die visuelle Überwachung der Patientenposition auf der Behandlungsliege dient sowohl der Vorpositionierung als auch der kontinuierlichen Überwachung während der Strahlentherapie. Dabei wird die Oberfläche der Patient:innen mit den Aufnahmen aus der Behandlungsplanung abgeglichen.
Durch die ständige Überwachung der Oberflächenbewegung der Patient:innen und den Vergleich mit einer zuvor aufgezeichneten Referenzoberfläche ist es möglich, Bewegungen während der Bestrahlung zu erkennen und zu reduzieren.
Grundlagen des strukturierten Lichtscannings
Ziel aller Oberflächenbildgebungstechniken ist es, die (x-, y-, z-) Koordinaten von Punkten auf einer Oberfläche zu erfassen. Das Ergebnis ist eine Tiefenkarte, die z als Funktion der Position (x, y) darstellt. Um diese Daten zu gewinnen, projiziert das System ein Muster – sogenanntes strukturiertes Licht – auf die Patient:innen.
Die Muster können sich in der Farbe unterscheiden und von eindimensionalen Linien über zweidimensionale Gitter bis hin zu komplexen, pseudo-zufälligen Mustern reichen. Letztere sind so gestaltet, dass sie an jeder Stelle einzigartig sind und somit eine zuverlässige Oberflächenrekonstruktion ermöglichen. Schnell bewegte Muster erlauben eine bessere statistische Erfassung der Oberflächendaten, was zu einer höheren Genauigkeit der Oberflächenrekonstruktion führt – und dabei gleichzeitig dennoch für die meisten Patient:innen, die sich einer Behandlung unterziehen, augenschonend bleibt.
Ein Bildsensor – meist eine Videokamera – zeichnet das zweidimensionale Abbild des Musters auf der Oberfläche der Patient:innen auf. Ist die Oberfläche flach und weist keine Tiefenunterschiede auf, entspricht das aufgezeichnete Muster weitgehend der ursprünglichen Projektion. Ist die Oberfläche jedoch uneben, erscheint das projizierte strukturierte Lichtmuster verzerrt.1 Wenn das räumliche Verhältnis zwischen Projektor und Kamera bekannt ist, kann die Tiefeninformation z mithilfe der folgenden Formel rekalkuliert werden.1
Um die Genauigkeit weiter zu erhöhen, nutzen heutige klinische oberflächengeführte Strahlentherapie-Systeme bis zu drei Kameramodule, die in unterschiedlichen Positionen im Bestrahlungsraum installiert sind in Verbindung mit einem oder mehrere Projektoren, die strukturiertes Licht abgeben.
Probleme und Einschränkungen von Oberflächenerkennungssystemen
Die Oberflächentrackingtechnologie bietet neue Möglichkeiten zur intrafraktionellen Überwachung sowie zusätzliche Anwendungen wie die Steuerung der Atembewegung und Gating. Dennoch bestehen weiterhin mehrere Einschränkungen und Herausforderungen bei der Anwendung von strukturiertem Licht (SLS) in der Strahlentherapie (RT).
Verfügbarkeit interner Informationen
Alle Oberflächenerkennungssysteme beruhen auf der Annahme, dass eine perfekte Korrelation zwischen der Bewegung der Körperoberfläche und der Bewegung innerer Organe oder Tumoren besteht, da während der Behandlung in der Regel keine präzisen Echtzeitinformationen über die innere Anatomie verfügbar sind. Die Korrelationen zwischen der Oberfläche und inneren Strukturen wurden in mehreren Studien untersucht und zeigten sich stark abhängig vom jeweiligen Behandlungsgebiet.2
Gerade bei bestimmten Regionen, die für atemgesteuerte Bestrahlung (Gating) verwendet werden, ist diese Korrelation unzureichend, um Sicherheitsabstände weiter zu reduzieren und gesundes Gewebe besser zu schonen. So untersuchten Alderliesten et al. die Variabilität der Herzposition bei der Strahlentherapie3 in tiefer Einatmung (Deep Inspiration Breath Hold, DIBH) und fanden nur eine geringe Korrelation zwischen Oberfläche und Herzposition – ein Hinweis darauf, dass oberflächengeführte Strahlentherapie nicht geeignet ist, die an das Herz verabreichte Dosis verlässlich zu überwachen.
Bei DIBH-Behandlungen von Bauchspeicheldrüsenkrebs bewegen sich innere Organe im Durchschnitt um etwa fünf Millimeter – in einigen Fällen sogar über einen Zentimeter.4 Eine unzureichende Korrelation zwischen Oberfläche und innerer Bewegung kann ein limitierender Faktor sein, wenn der Behandlungsstrahl durch das Oberflächensystem getriggert wird, da dies zu ungenauen Start- oder Stoppbefehlen des Strahls führen könnte.
Dies kann eine zusätzliche bildgeführte Strahlentherapie-Verifikation erforderlich machen, was wiederum zu Behandlungsverzögerungen oder potenziell ungenauer Dosisabgabe führen kann. Auch die Berechnung von Liegetisch-Korrekturen kann durch fehlende interne Informationen beeinträchtigt sein. Ein Vergleich zwischen Oberflächen- und volumetrischer Registrierung zeigte eine durchschnittliche translatorische Abweichung von 2,7 Millimetern.5 Fehleranfällige Bereiche, wie weiches Gewebe im Gesichtsbereich, lassen sich zudem leicht verformen. Die Möglichkeit, eine Oberflächenregistrierung in Kombination mit interner Bildgebung zu nutzen, ist daher entscheidend, um die Genauigkeit des Oberflächensystems für einen bestimmten Patienten und eine bestimmte Fraktion zu verifizieren.
Derzeit wird die innere Anatomie meist über Geräte am Linearbeschleuniger (Linac) erfasst. Deren Einsatz während der Behandlung ist jedoch eingeschränkt.6 Cone Beam CT (CBCT) oder Electronic Portal Imaging Devices (EPID) an nicht-koplanaren Liegetischpositionen sind oft unpraktisch oder gar nicht möglich – z. B. wegen Kollisionsgefahr mit dem Linac. Rotierende Gantries oder erweiterte Bildgebungssysteme können zudem die Sicht der Kameras auf die Oberfläche einschränken. Eine gleichzeitige und flexible Aufnahme von Patientenoberfläche und innerer Anatomie gilt daher als Standard für eine zuverlässige Patientenüberwachung.
Empfindlichkeit gegenüber externen Einflüssen
Wie alle optischen Systeme ist die Effektivität strukturierter Lichtsysteme abhängig von Umgebungslicht und Reflektion. Unterschiedliche Lichtverhältnisse im Raum – wie in Abbildung 2 – können die Qualität der Scans beeinträchtigen. Zu starke oder ungleichmäßige Beleuchtung kann zu Fehlern bei der Rekonstruktion führen, insbesondere bei konventionellen Beleuchtungssystemen im Behandlungsraum.
Lichtabsorbierende Oberflächen, wie dunklere Hauttöne oder Körperbehaarung, können die Bildregistrierung beeinträchtigen, da das projizierte Muster nur eingeschränkt sichtbar ist.8
Exakte Übereinstimmung von Live- und Referenzoberfläche
Das Herzstück eines oberflächengeführten Strahlentherapie-Systems ist der Abgleich der Live-Oberfläche der Patient:innen mit einer Referenzoberfläche, um Positionsabweichungen zu erkennen – gleichzeitig stellt dies den technisch komplexesten Prozess dar.
Das Abgleichen von zwei 3D-Punktwolken ist ein häufiges Problem in der Computer Vision; der aktuelle Stand der Technik für Abgleichsalgorithmen ist der „iterative closest point“ (ICP)-Algorithmus. Der ICP-Abgleich beschreibt einen Wechselprozess zwischen dem Finden von Korrespondenzen und der Optimierung einer Zielfunktion, um den Abstand zwischen korrespondierenden Punkten zu minimieren.9 Der ICP-Algorithmus zeigt jedoch erhebliche Instabilitäten bei der Registrierung von Objekten mit translationalen oder rotationalen Symmetrien, wie in Abbildung 3 dargestellt.
Die Bildregistrierung von Objekten wie diesen kann zu sogenannten „Sliding-Effekten“ bei der Registrierung führen, was bei der oberflächengeführten Radiotherapie das Risiko einer Fehlanpassung der aktuellen Patientenoberfläche mit der Referenzoberfläche des Setups birgt. Solche Fehler in der Registrierung wurden von Krell et al. untersucht,11 die ein kommerziell verfügbares Oberflächentracking-System analysierten. Einheitliche Oberflächen mit minimalen topografischen Merkmalen (z. B. Brust, Brustkorb, flacher Bauchbereich) verursachten Probleme bei der Oberflächenregistrierung. Dies zwang die Behandelnden dazu, größere als gewünschte Regionen von Interesse (ROIs) zu wählen, um ausreichend topografische Informationen für eine verlässliche Registrierung zu erhalten, anstatt kleinere, präzisere Bereiche zu verwenden, die den Behandlungsort genauer widerspiegeln könnten. Dies stellt einen wichtigen limitierenden Faktor für den Nutzen von Oberflächentracking-Anwendungen in der Strahlentherapie dar.
Eine weitere Möglichkeit, Registrierungsfehler zu minimieren, ist die Verwendung von Hautmarkierungen, die sicherstellen, dass die Strahlung auch über mehrere Behandlungsfraktionen hinweg stets an der gleichen präzisen Stelle appliziert wird. Diese Methode stellt jedoch für Patient:innen eine dauerhafte Erinnerung an ihre Erkrankung dar. Tätowierungen könnten durch die Ergänzung weiterer Informationen im Tracking-System ersetzt werden, beispielsweise durch eine Wärmebildkamera. Diese verleiht der Oberfläche ein einzigartiges Muster, wodurch das Tracking kleiner, flacher Flächen zuverlässiger wird. Dies führt zu weniger Registrierungsfehlern und ebnet den Weg für eine tattoofreie Radiotherapie.
Außerhalb der Strahlentherapie wurden verschiedene Ansätze getestet, um die Bildregistrierung zu verbessern und Sliding-Effekte zu vermeiden. Die gebräuchlichste Technik besteht darin, die Ausrichtung in einem höherdimensionalen Raum vorzunehmen, der neben der 3D-Position weitere verfügbare Informationen umfasst. In einem vier- oder sechsdimensionalen Raum ist es deutlich leichter, ausreichende Übereinstimmungen herzustellen als nur in den drei physischen Dimensionen. Mehrere Studien zeigten, dass die Registrierungsqualität durch die Hinzunahme von Farbinformationen als zusätzliche Dimension signifikant verbessert werden kann.9,12,13
Systemlatenz
Eine entscheidende Voraussetzung für den Einsatz von strukturierten Licht-Scannersystemen in der Strahlentherapie (RT) ist die Echtzeitüberwachung möglicher Patientenverschiebungen während der Behandlung. Die Systemlatenz kann die Nutzbarkeit beeinträchtigen – sowohl bei der Patienten-Vorpositionierung als auch, noch wichtiger, bei der Steuerung (Gating) des Bestrahlungsstrahls, um eine Bestrahlung von gesundem Gewebe zu verhindern oder eine unzureichende Abdeckung des Zielvolumens zu vermeiden.
Bei den heute verwendeten Technologien wird die Gesamtlatenz des Systems nicht durch die Bildfrequenz des strukturierten Licht-Scannersystems begrenzt, sondern vielmehr durch die Zeit, die für die Rekonstruktion benötigt wird, um die Live-Oberfläche mit der Referenzoberfläche abzugleichen. Diese Einschränkung hängt daher nicht von der Scan-Hardware ab, sondern von der Bildnachbearbeitungssoftware sowie der Größe der erfassten Oberfläche.
Kombination von Technologien zur Steigerung der Genauigkeit
Um die Genauigkeit all dieser Tracking-Technologien wirklich optimal zu nutzen, müssen sie kombiniert oder durch zusätzliche Methoden wie Thermotracking ergänzt werden. Nur so können Ärzt:innen die Herausforderungen und Einschränkungen der oberflächengeführten Strahlentherapie allein verringern oder sogar überwinden. Systeme, die eine vollständig integrierte Patientenpositionierung ermöglichen und Patient:innen vor und während der Behandlung mit höherer Genauigkeit und kürzeren Behandlungszeiten überwachen können, sind der Schlüssel zur Verbesserung zukünftiger Therapien.
Geng J. Adv. Opt. Photon. 2011; 3: 128
Fayad H, et al. Medical physics. 2011; 38: 3157– 3164
Alderliesten T, et al. Radiotherapy and Oncology: Journal of the European Society for Therapeutic Radiology and Oncology. 2013; 109: 442-447
Zeng C, et al. Journal of applied clinical medical physics. 2019; 20: 37– 43
Kim Y, et al. Medical physics. 2014; 41: 121701
Meng B, et al. Phys. Med. Biol. 2013; 58: 7777
Gupta M, et al. In: 2013: 545 – 552
Jecić S, et al. In: 2003
Gelfand N, et al. In: Fourth International Conference on 3-D Digital Imaging and Modeling: 3DIM 2003: proceedings: 6 – 10 October, 2003, Banff, Alberta, Canada. Los Alamitos, Calif: IEEE Computer Society; 2003: 260 – 267
Park J, et al. Colored Point Cloud Registration Revisited
Krell G, et al. Computational and mathematical methods in medicine. 2017; 2017: 2938504
Joung JH, et al. In: 2009 IEEE/RSJ International Conference on Intelligent Robots and Systems: IROS 2009; St. Louis, Missouri, USA, 10 – 15 [i.e. 11 – 15] October 2009. Piscataway, NJ: IEEE; 2009: 3082 – 3088
Korn M, et al. Color Supported Generalized-ICP